Drehmomente

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Step by step uuuuh baby

Drehmoment - so nennt mein “Sternen Coach” die momentane Zeitqualität. Das was viele im Moment als “zach” beschreiben. So als würde man in einem Nadelöhr stecken. Mittendrin. Irgendwie stockt es. Müde, ausgelaugt, planlos.

Die gute Nachricht: Das muss so.
Alles hat seine Zeit. Und so müssen eben auch mal solche Nadelöhre sein.

Ich habe dieses Nadelöhr in den letzten Wochen ganz besonders gespürt. Ich war müde. Körperlich richtig müde. Auch wenn ich unendlich dankbar bin, ganz gut durch die Corona Krise gekommen zu sein (treuen Kunden und Zoom sei Dank) aber diese Zeit hat uns einiges abverlangt. Das macht was mit einem. Eine Ausnahmesituation mit der wir erstmal umgehen müssen. Wir müssen uns auf eine neue, ungewohnte Situation einstellen und das macht man dann, fast automatisch, wie in Trance. Und selbst wenn man denkt man kann das (und KLAR können wir das), selbst wenn man abgeklärt ist und diesen Wahnsinn so über sich ergehen lässt - unterbewusst bleibt da was. Unsicherheit, Aufregung, Angst….Ein Mini-Trauma.

Ich hab das ehrlich gesagt gar nicht richtig mitbekommen, bin am Tag vor dem LockDown in einer Nacht und Nebel Aktion noch schnell umgezogen und war dann 3 Wochen erstmal mit auspacken, umpacken und den technischen Herausforderungen der Online-Yoga-Klassen beschäftigt. Und dann fand ichs eigentlich ganz gemütlich.

Hat schon auch was so auf NULL gestellt zu werden. Wobei Null ehrlich gesagt nicht wahr ist. Ich habe körperlich lange nicht mehr so intensiv gearbeitet, wie in den ersten Corona Wochen. Online Klassen sind physisch deutlich anstrengender als im Studio zu unterrichten. Mein Körper hat sich entsprechend gemeldet und LITERALLY mit jeder Zelle laut aufgeschrien.

Ich war müde, uninspiriert und leer. Und das als Yogalehrer, Studiobetreiber und Frohnatur. Nicht wirklich angebracht. Was ich früher noch durchgetaucht hätte nehme ich heute ernst, hör hin wenn der Körper aufschreit und nehme mir meine Zeit. Ich hab mir eine Woche GANZ ALLEINE gegönnt. Nur ich, Wald, Berge und Bücher.

Das fällt mir nicht leicht muss ich gestehen. So gar nix machen. Gar nix hab ich auch nicht geschafft, aber seeeehr viel weniger als sonst. Und das hat schon so gut getan!

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Und das meine ich nicht abwertend, das ist eine Tatsache. Als ich gestern mit einer Schülerin über Meditation gesprochen habe, kam die Frage “Und was ist das Ziel? Wann weiß ich, dass ich fertig bin” Und so ticken wir.

Was in der Yogaphilosophie nur ein Teil von vielen ist, ist in unserer Welt von Yoga übrig geblieben - die Asana Praxis. Körperliche Übungen. Linkes Bein nach vorne, rechte Hand nach oben. Das verstehen wir. Aha, so soll das aussehen? Alles klar. Kann ich.

Wir brauchen Vorgaben, Ziele und Belohnungen.

Dabei ist die Asana Praxis nur ein Teil von Yoga. Und noch nicht mal der wichtigste. Sie ist Mittel zum Zweck. Wenn wir damit beschäftigt sind unser Gleichgewicht zu halten, Kraft aufbringen müssen um Positionen zu halten, dann haben wir keine Zeit an etwas anderes zu denken als das was wir in diesem Moment gerade tun. Und darum geht es.

Am Ende meiner einwöchigen Auszeit bin ich auf den höchsten Berg von Österreich geklettert. (soviel zu “gar nix” machen)

“Ganz ruhig, einen Schritt nach dem anderen” hat der Bergführer uns gesagt. Und dann steht man plötzlich auf dem Gipfel. Zurück in der Stadt schaut man sich die Fotos an und fragt sich wie man das geschafft hat.

Fokus. Einen Schritt nach dem anderen. Vermutlich gilt das auch für diese Drehmomente.

***Alles wird gut***

Anna Hacker